Der Weihnachtsmarktzauber

„Thiiiiis year for saaaaving my teaaars…“, krächzte Wham mir ins Ohr während wir in einer Traube von Menschen den schmalen Kiesweg Richtung Weihnachtsmarkt hinunter irrten. Gleich würde ich Händchen haltend über den Platz spazieren und mir überlegen ob ich zuerst die Eisfläche oder das Kuchenzelt besuchen werde. Lachend würden wir eine Bratwurst essen und mein Freund würde mir ein Klecks Ketchup vom Mund wischen. Danach geht’s auf zum Mandelstand und sich gegenseitig mit diesen füttern. Wir würden uns mit Umarmungen aufwärmen und als Hilfsmittel einen köstlich süßen Glühwein schlürfen.

Kaum liefen wir unter dem Banner „Willkommen auf dem Weihnachtsmarkt“ entlang, drängten sich etliche Menschen zwischen uns. Mein Freund war weg. Ich suchte mit den Augen nach seiner schwarzen Mütze. Schließlich ist er wohl der einzige, der heute so eine trägt. Überall sich streitende Pärchen, Kinderwagen und Rollatoren. Diese Fahrzeuge haben natürlich Vorfahrt. Endlich sah ich ihn. Mit einer Laune schlechter als die Temperatur war stand er an einem Kerzenstand. Schließlich braucht heute jeder Mensch eine selbstgemachte Kerze im Wert von 11,99€.

„Da bist du ja.“

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Genervt von dem Gedränge erreichten wir endlich die erste Fressbude. Den ganzen Tag habe ich mich auf die Champions mit Knoblauchsoße gefreut. Schließlich habe ich vorher fleißig gegoogelt, was den hier die wenigsten Kalorien auf den Teller bringt. Hier gab es leider lediglich Pommes und Nackensteaks. Eine kleine Pommes für 5€? Von wegen Weihnachten hat keinen kommerziellen Nutzen. Da wir beide kurz vorm Hungerstod standen und keinen Nerv hatten jetzt noch unendlich lang nach diesen Champions zu suchen, holten wir uns eine völlig überteuerte Pommes mit Mayo. Als wir am Stand gequetscht ohne Tisch unsere Pommes mit den Fingern aßen, kam anstelle des Weihnachtsfeelings nur mein schlechtes Gewissen auf. Naja, wofür im Dezember abnehmen wenn es der 1.1. zum Greifen nah ist. Die Mayo verteilte sich langsam aber sicher an meinen Händen und dem Schal. Wir lachten nicht und er wischte mir auch nicht die Mayo vom Mund. Diese blieb wohl den ganzen Abend da. Befriedigt war ich nach einer kleinen Pommes noch lange nicht. Gebrannte Mandeln! Ich will gebrannte Mandeln! Die Vernunft wurde jetzt ja sowieso auf Neujahr verschoben.

Entschlossen mir diesen Wunsch zu erfüllen schlängelten wir uns durch die Menge. Da stieg mir schon der Geruch von karamellisiertem Zucker in die Nase. Traumhaft. Wir stellten uns an, um eine Tüte zu ergattern. Vor mir heulte ein Kleinkind. Es braucht auf der Stelle gebrannte Mandeln. Von hinten wurde ich immer näher Richtung Stand gepresst. Mein Freund wollte uns in der Zeit schon mal mit Glühwein eindecken. Es ist mitten in der Weihnachtszeit und man hat nicht mal die Geduld 5 Minuten länger zu warten. Da mir während der Wartezeit mein Geld immer wichtiger wurde, trat ich aus der Schlange und nahm ein paar Meter weiter dankend meinen Glühwein entgegen. Nach dem ersten Schluck schauderte mein ganzer Körper. Viel zu heiß und viel zu stark. Naja, vielleicht wärmt er mich von innen.

„Sollen wir danach los?“, leitete mein Freund das Ende unseres Besuches hier ein.

„JA!“, antwortete ich dankbar darüber, dass ich mich nach einer ätzenden Bahnfahrt endlich wieder in mein Bett werfen konnte. Weihnachten spielt sich ja schließlich sowieso hauptsächlich zuhause ab. Und sobald man zuhause ist, wird der Gedanke an den Weihnachtsmarkt doch bestimmt wieder verlockend.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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